Yakisugi Fassade – japanische Holzveredelung durch Verkohlen
Für mich war von Anfang an klar, dass für die Hausfassade nur natürliche Materialien verwendet werden müssen. Mein ursprünglicher Plan war eine Komplettverschalung mit Schiefer. Allerdings nicht mit der typischen mittelalterlichen Verlegung, die aussieht wie Drachenschuppen, sondern eine modernere Variante aus rechteckigen und geradlinigen Schieferplatten. Ich hatte mir zur besseren Vorstellung Bilder auf Google und Pinterest zusammengesucht und meine Ideen Björn präsentiert. Seine Meinung ist mir bei jeder Gestaltungsentscheidung wichtig. Wir entscheiden immer alles gemeinsam. Das ist zwar nicht immer einfach, aber aus dem ein oder anderen Kompromiss, den wir eingehen mussten, ist oft die bessere Lösung entstanden. Auch Björn fand, dass Schiefer ein toller natürlicher Rohstoff ist, den man in der Natur vorfindet. Er passt besonders in die Geschichte und Architektur von Goslar. Geht man durch die Altstadt von Goslar, findet man viele mit Schiefer verkleidete Hauswände und Dächer. Oft sieht man eine Kombination aus Fachwerk und Schieferdach. Meine Idee hätte sicherlich sehr modern ausgesehen, aber Björn war es zu düster, zu hart und ein zu großer Stilbruch in der Häuserreihe. Wir haben bei unserem Reihenmittelhaus zwar volle Gestaltungsfreiheit, aber uns ist es auch wichtig, die Stile der anliegenden Häuser aufzugreifen. Schließlich bildet die Häuserreihe ein zusammenhängendes Ganzes.
Dass es dann am Ende eine Kombination aus Holz und Schiefer geworden ist, war ein sich entwickelnder Prozess. Die Reihenhäuser in unserer Hausreihe hatten in den 60er-Jahren eine Holzfassade bekommen, die sich von oben bis unten durchzog, allerdings sah man auch immer eine Zweiteilung von Erdgeschoss und Obergeschoss, aufgrund der Verlegung der Latten. Viele Hausbesitzer haben im Zuge der Sanierung diese Zweiteilung aufgegriffen und sie betont, beispielsweise durch eine senkrechte und waagerechte Lattung oder durch die Verwendung von zwei unterschiedlichen Materialien wie Putz und Schiefer oder eine Kombination aus Holz und Schiefer. Plötzlich stand für uns fest, dass wir genau diese Kombination aus Holz und Schiefer haben müssen. Schiefer gehört zu Goslar und wurde dort sogar noch bis 1969 abgebaut. Der Blaue Haufen wurde nach dem Schieferhaufen auf diesem Berg - ich komme aus dem platten Land, daher ist jede Erhebung gleich Berg für mich - benannt. Je nach Lichteinfall schimmert Schiefer mal bläulich, mal gräulich. Der Baustoff Holz – hallo, wer liebt Holz nicht? - wird oft unterschätzt. Holz ist atmungsaktiv und witterungsbeständig, bedarf aber natürlich regelmäßiger Pflege und ist verhältnismäßig teuer. Dafür muss man sich keine Gedanken über die Inhaltsstoffe und eventuell spätere Entsorgung machen.
Ich liebe diesen Geruch von harzenden Bäumen im Sommer und feuchtes Holz an Regentagen. Die Entscheidung ist gefallen. Es werden Holz und Schiefer. Sich für eine bestimmte Fassadenart zu entscheiden, war für mich dagegen weniger einfach. Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, sein Haus mit Holz und Schiefer zu gestalten. Ich habe tagelang durch Pinterest gescrollt und meine Favoriten auf einer Pinnwand gespeichert, um eine bessere Vorstellung zu haben. Die Auswahl an Holzprofilen ist schier unendlich und die Frage nach der Ausrichtung ist auch nicht unerheblich.
Holz ist eine der ältesten Formen der Hausverkleidung und Holzfassaden haben im Harz eine sehr lange Tradition und sind in jedem Ort zu finden. Mir war wichtig, dass sich diese Tradition der Harzhäuser auch in unserem Haus widerspiegelt. Gleichzeitig wollte ich die Harzer Holzfassade neu interpretieren und dem Haus einen neuen und modernen Look verpassen. Mir gefallen besonders Häuser mit offener Rhombus- oder Lamellenschalung, daher haben wir uns zunächst für diese Art der Holzschalung Angebote eingeholt. Wir haben die Angebote später noch einige Mal überarbeitet und beim letzten Beratungsgespräch kam der Fassadenbauer mit einem ganz neuen Vorschlag, der uns gleich überzeugt hat, weil er zum Gesamtkonzept passte. Er schlug uns vor, dass wir statt offener Holzprofile, eine geschlossene Verschalung mit verkohlter Feder nehmen. Diese hätte den gleichen optischen Effekt von schwebenden Holzlatten, wäre aber noch besser vor Feuchtigkeit geschützt.
Interessant, dachte ich mir und habe zu Hause zu der Thematik recherchiert. Holz mit Feuer zu verkohlen und so feuchtigkeits- und schädlingsresistent zu machen, ist eine japanische Methode zur Holzveredelung, die schon seit Jahrhunderten angewendet wird und als Yakisugi bekannt ist. In der Stadt Ikaruga zum Beispiel steht der buddhistische Tempel „Hōryū-ji“. Er ist mit ebendieser Methode aus Japan karbonisiert und scheint schon einige Jahre erfolgreich überstanden zu haben. Schließlich steht er schon seit dem Jahr 1413 dort. Das wünsche ich mir auch für unser Haus. Einmal angebracht und hunderte Jahre keine Arbeit mehr damit.
Yakisugi oder Shou Sugi Ban Fassade?
Ich bin verwirrt. Heißt es nun Yakisugi oder Shou Sugi Ban? Beide Namen bezeichnen zwar das gleiche, mit Shou Sugi Ban können Japaner jedoch wenig anfangen. Der Name Shou Sugi Ban ist im Westen geläufig und hat sich aufgrund eines Aussprach- oder Übersetzungsfehlers aus der japanischen Bezeichnung Yakisugi eingeschlichen, die, wenn chinesisch ausgesprochen, Shou Sugi Ban lautet. In Japan kennt man den Begriff Yakisugi, denn da kommt er auch her. Die Methode, Holz zu verkohlen und dadurch zu konservieren, ist eine lange japanische Tradition. Den Begriff „Yaki“ habt ihr sicher schon mal gehört. Ich denke da gleich an „Teriyaki“, „Dorayaki“ oder „Teppanyaki“. Yaki hat mit Essen zu tun oder wenn man es genauer nimmt, mit der Zubereitung des Essens. Yaki bedeutet im Japanischen so viel wie gebraten, gebrannt oder verkohlt. Mit Sugi wird eine in Japan heimische Baumart bezeichnet, die japanische Sicheltanne (Zeder). Yakisugi heißt folglich übersetzt gebrannte oder verkohlte Zeder. Es ist eine jahrhundertealte Technik aus Japan, mit der Holz so verbrannt wird, dass es danach haltbarer und schöner ist als zuvor.
Japanische Yakisugi-Methode: Holzveredelung durch Verkohlen
Holz mit Feuer zu bearbeiten, entspricht der japanischen Vorstellung von der Ästhetik des Unperfekten. Der Verbrennungsprozess bildet den Kreislauf des Lebens ab: auf Zerstörung folgt Neubeginn und Stärke. Diese Idee ist in der japanischen Philosophie Wabi-Sabi tief verwurzelt. Wabi-Sabi zieht sich durch viele Aspekte der japanischen Kultur und findet sich unter anderem in der Architektur und in der Keramik wieder. Ein Beispiel dafür ist Raku. Raku ist eine Brenntechnik, mit der insbesondere Teetassen für die japanische Teezeremonie hergestellt werden. Dabei wird die glasierte Keramik im Feuer für die Ewigkeit fixiert. Durch den Temperaturwechsel bilden sich feine Risse in der Glasur, das Craquelé-Muster. Auch bei der Yakisugi-Methode, wird das Holz zunächst verbrannt, um es dann langlebig zu machen.
Wie wird mit Yakisugi Holz veredelt?
Es werden drei Bretter zu einer dreieckigen Röhre zusammengebunden und senkrecht aufgestellt – ähnlich einem Kamin. Zwischen den Holzbrettern wird Papier entflammt. Das Feuer arbeitet sich an der Holzoberfläche hoch. Dank der Kaminwirkung erfolgt eine durchgängige Beflammung des Holzes. Auf diese Art wird die Oberfläche der Holzbretter auf der Innenseite der Röhre vollständig karbonisiert. Nach einigen Minuten, wenn die obere Schicht verkohlt ist, werden die Bretter voneinander getrennt und mit Wasser gelöscht. Nach Abschluss der Verkohlung kann das Holz abgebürstet werden, um die weiche Rußschicht zu entfernen und die Maserung hervorzuheben. Auf YouTube habe ich ein Video gefunden, das den Herstellungsprozess gut darstellt.
Genau dieser Prozess macht die Fassade einzigartig. Keine Textur kommt zweimal vor. Je nach Hitzeeinwirkung bilden sich unterschiedliche Strukturen heraus. Mit der Zeit wirken Wind und Regen auf diese Struktur ein, dadurch wird die Kohleschicht sukzessive abgetragen und hellere Schichten mit geschwärzter Maserung kommen durch.
Verschiedene Arten des Yakisugi-Brennens:
Suyaki ist die ursprünglichste Form von Yakisugi. Die Holzlatten werden nach dem Verbrennen lediglich mit Öl bestrichen. Durch diese Pflegeanwendung wird die weiche Rußschicht gebunden und das Holz erhält seine typische „Alligatorhaut“. Das Holz kann auch ein- oder zweimal gebürstet werden. Bei einmal gebürstetem Holz bekommt die Fassade einen seidig glänzenden Look. Das Holz bleibt wie bei der ungebürsteten Form schwarz, die verbrannten Faserspalten sind deutlich zu sehen. Gendai heißt die einfach gebürstete Form des Holzes. Zweifach gebürstetes Holz ist im Vergleich dazu hell, mit einer deutlichen dunklen Maserung. Beim Bürsten werden die oberen Rußschichten von den Wachstumsringen entfernt, wodurch das Spätholz mit kontrastierenden Graten geraussticht. Diese Form des zweifach gebürsteten Yakisugi-Holzes wird Pika-Pika genannt.
Wodurch zeichnet sich karbonisiertes Holz aus?
Das Ankohlen von Holz der Sicheltanne ist eine traditionell japanische Technik der Holzkonservierung. Durch Verkohlen der Holzoberfläche wird das Material wasserdicht, indem sich die Holzzellen im Kern gegen das Feuer verdichten. Das karbonisierte Holz ist nach dem Prozess des Verkohlens nicht ruiniert. Es erhält eine Vielzahl von positiven Eigenschaften, die es stärker machen. Zum einen ist es wasser- und feuerbeständig, was es zu einem überdauernden und sicheren Material für den Einsatz im Außenbereich macht. Fassaden aus karbonisiertem Holz haben einen natürlichen Holzschutz und benötigen wenig Pflege, was Zeit und Geld spart. Sie sind resistent gegen Schimmel, Fäulnis, Verwitterung und Insekten. Durch den Karbonisierungsprozess wird das Holz widerstandsfähig gegenüber Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen, was zu einer verbesserten Stabilität führt. Weitere Vorteile sind seine Resistenz gegenüber Schädlingen und Pilzbefall sowie seine Stabilität und Haltbarkeit. Zudem sind Fassaden aus Yakisugi nicht nur schön anzusehen, sondern auch nachhaltig, da keine Behandlung mit giftigen chemischen Holzschutzmitteln notwendig ist. Ein weiterer Vorteil ist die einzigartige Ästhetik, die durch die karbonisierte Oberfläche entsteht. Die Behandlung des Holzes in einer „Holzbeflammungsanlage“ führt zu einer außergewöhnlichen Maserung und Faserstrukturen, die es zu einem Unikat macht. Und schließlich ist es ein nachhaltiges Material, da es aus heimischen Baumarten hergestellt wird und somit lange Transportwege vermieden werden können.
Wie haltbar sind karbonisierte Holzfassaden nach der Verwendung der Methode zur Holzveredelung?
Verbrannte Holzfassaden sind in der Regel haltbar und langlebig, insbesondere wenn sie fachgerecht behandelt werden. Der Karbonisierungsprozess, bei dem das Holz mittels einer Flamme behandelt wird, führt dazu, dass das Holz widerstandsfähig gegenüber Feuchtigkeit, Schädlingen und Pilzbefall wird. Dadurch wird die Lebensdauer der Fassaden verlängert und die Notwendigkeit von regelmäßiger Wartung und Behandlung reduziert. Bei guter Pflege und regelmäßiger Reinigung können diese jahrzehntelang halten und dabei ihre einzigartige Ästhetik und Funktionalität bewahren.
Um die Langlebigkeit und die Ästhetik des Holzes zu bewahren, ist es jedoch ratsam, das Yakisugi-Holz regelmäßig zu reinigen. Hierfür kann eine weiche Bürste oder ein Schwamm verwendet werden, um oberflächlichen Staub und Schmutz zu entfernen. Es ist empfehlenswert, das Holz alle paar Jahre mit einem Holzschutzöl zu behandeln, um es vor UV-Strahlung und Witterungseinflüssen zu schützen. Der Abstand zwischen der Reinigung und Behandlung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Lage des Gebäudes, den Witterungsbedingungen und dem Grad der Verschmutzung. In der Regel wird empfohlen, Yakisugi-Holz alle 2–3 Jahre zu reinigen und alle 5–7 Jahre neu zu ölen. Es ist jedoch wichtig, die Fassade regelmäßig zu untersuchen und wenn notwendig schon früher zu behandeln, um Schäden zu vermeiden.
Welche Holzarten außer der Zeder können für die Yakisugi-Methode verwendet werden?
In Japan wird traditionell Sugi-Holz, japanische Zeder, verwendet. Außer Zedernholz eignen sich aber auch andere Gehölze. Zu diesen Holzarten gehören etwa Sibirische Lärche, Eichenholz, Douglasie oder Nordische Fichte. Es eignen sich aber auch andere bei uns heimische Holzarten, darunter Kiefer, Esche, Buche und Akazie. Die Wahl der Holzart hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Verfügbarkeit, den ästhetischen Anforderungen und den Umgebungsbedingungen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das Holz je nach Holzart unterschiedliche Eigenschaften aufweist und daher unterschiedlich auf den Karbonisierungsprozess reagieren kann.
Wo kann man verkohltes Holz einsetzen?
Verkohltes Holz kann auf verschiedene Weise eingesetzt werden. Im Außenbereich wird es als Fassadenverkleidung von Gebäuden verwendet, wo es nicht nur sehr ästhetisch ausschaut, sondern auch nachhaltig und witterungsbeständig ist. Es kann auch für die Gestaltung von Terrassen und Zäunen genutzt werden, um eine rustikale und natürliche Atmosphäre zu schaffen. Im Innenbereich findet die verbrannte Oberfläche ebenfalls Verwendung, zum Beispiel als Bodenbelag oder Wandverkleidung, wo es eine einzigartige und warme Atmosphäre schafft. Ein bekannter japanischer Architekt, der die Yakisugi-Methode gezielt bei seinen zeitgenössischen Architekturbauten einsetzt, ist Terunobu Fujimori. Fujimori verkleidet seine Gebäude mit verkohltem Holz, um eine natürliche und authentische Atmosphäre zu schaffen. Eines der bekannteren Architekturbeispiele mit Yakisugi in Deutschland ist das Haus auf Stelzen der Bayerischen Staatsforsten. Auch in Deutschland findet man immer mehr Hersteller, die Fassaden aus gebranntem Holz produzieren. Unsere Holzfassade ist beispielsweise von Mocopinus.
Wir sind für unsere Yakisugi-Holz Hausfassade entflammt
Eine tolle Hausfassade bekommt man übrigens auch ohne Architekten hin. Das Vorhaben bedarf aber natürlich einer guten Vorstellungskraft, viel Planung und Absprachen mit den entsprechenden Gewerken. Wir hatten zusätzliches Glück mit unserem Fassadenbauern, der einfach gute Vorschläge zur Umsetzung geliefert hat, sodass das Ergebnis am Ende unsere Vorstellungen sogar übertroffen hat. Obwohl wir nicht alles bis ins kleinste Detail durchgeplant hatten, hat uns der Dachdeckermeister mit sehr konstruktiven und modernen Vorschlägen unterstützt.
Das Endergebnis ist eine Schiefer- und Holzverkleidung mit insgesamt ca. 20 cm Dämmung. Der untere Fassadenteil ist mit einer horizontalen Verschalung mit partieller Yakisugi Färbung (karbonisierte Profilvertiefung) verkleidet worden. Durch die Verkohlung ist die Feder sowie die Schattennut schwarz. Dadurch entsteht trotz klassischer Nut- und Federverbindung die Optik einer modernen offenen Rhombusleisten-Schalung. Eine schwarze UV-Unterspannbahn entfällt dadurch. Der obere Fassadenteil ist mit Schiefer in dynamischer Deckung verschalt worden. Die Fenster und Türen wurden mit Metall in RAL 7021 verkleidet. Die Rollladenkästen sind außen angebracht und verstecken sich in der Metallverkleidung. Auch vor den alten Haussockel wurde eine Metallverkleidung im gleichen RAL-Ton gesetzt.
Den Treppenaufgang im Vorgarten und hinten auf der Terrasse haben wir zum Teil wegschlagen lassen, damit die Metallverkleidung um die Tür bis nach unten gezogen werden konnte. Wir wollen nämlich dann, wenn wir den Vorgarten und die Terrasse umgestalten, die neuen Treppen an die Breite der Hauseingänge anpassen. Wenn wir die alten Treppenstufen so gelassen hätten, hätte die neue Holzfassade drumherum gesägt werden müssen und das war uns einfach zu schade.